Gehaxelts Blog

IT-Security & Hacking

Vorratsdatenspeicherung bald auch in Deutschland?

In den letzten Tagen liest man viel über die Vorratsdatenspeicherung, und das Deutschland von der EU mehr oder weniger gezwungen wird, diese umzusetzen, da es sonst kräftige Geldstrafen hagelt.

Ich wollte das ganze nun etwas aufrollen. Begonnen hatte der Spaß nach der Logsucht im Jahr 2006 als der EU-Rat die Idee der Vorratsdatenspeicherung abnickte.

Die Justiz- und Innenminister der EU haben auf ihrem Treffen am heutigen Dienstag in Brüssel den Weg für die verdachtsunabhängige Vorratspeicherung von Telefon- und Internetdaten frei gemacht. Ohne weitere Aussprache segneten sie dazu eine vom EU-Parlament mit den Stimmen der großen Volksparteien [bereits Anfang Dezember beschlossene Richtlinie](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Parlament-beschliesst-massive-ueberwachung-der-Telekommunikation-157997.html) ab. Diese verpflichtet Telekommunikationsanbieter zur sechs- bis 24-monatigen Aufzeichnung der elektronischen Spuren der rund 450 Millionen EU-Bürger. Irland und die Slowakei stimmten gegen die Richtlinie, weil sie das Richtlinienverfahren formal anzweifeln und die Rechtsgrundlage für falsch halten. Für das Abnicken des Gesetzes reichte aber eine qualifizierte Mehrheit der Stimmen der Ratsmitglieder aus.

Bei den Überwachungsplänen in Brüssel, die der EU-Rat und die EU-Kommission mit Nachdruck im Namen der Terrorismusbekämpfung vorangetrieben haben, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Der EU-Rat hatte zunächst jahrelang vergeblich versucht, [mittels eines Rahmensbeschlusses](http://www.heise.de/ct/04/23/058/) Einigkeit über die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zu erzielen. Aber erst nachdem die EU-Kommission den alternativen Gesetzgebungsweg [via Direktive eingeschlagen](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Kommission-legt-Entwurf-zur-Speicherung-von-Telefon-und-Internetdaten-vor-131651.html) und die Spitzen von Christ- und Sozialdemokraten entgegen vorheriger Absprachen [im zuständigen Fachausschuss](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Ausschuss-segnet-Kompromiss-zur-TK-Vorratsdatenspeicherung-ab-151579.html)einem “Kompromiss” [zugestimmt hatten](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsspeicherung-von-TK-Daten-Die-grossen-Fraktionen-knicken-ein-153781.html), konnten sich auch die Vertreter der Mitgliedsstaaten auf Druck der damaligen britischen Ratspräsidentschaft auf das Konstrukt [zur Einführung der pauschalen Überwachungsmaßnahme einigen](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Rat-und-Parlament-ueber-massive-TK-ueberwachung-weitgehend-einig-154352.html).

Branchenverbände, Datenschützer, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie linksliberale Politiker kritisieren den mit der Vorratsdatenspeicherung einhergehenden Paradigmenwechsel im Strafrecht in Form eines Generalverdachts auch gegenüber Unschuldigen [seit langem scharf](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsspeicherung-von-TK-Daten-Privatsphaere-wird-zum-Luxusgut-158255.html). Mit der Richtlinie und der von ihr vorgeschriebenen umfangreichen Datenjagd werden ihrer Ansicht nach die Bürger gläserner, während die angeblich mit der Maßnahme besser zu verfolgenden Terroristen und Schwerverbrecher leicht etwa mittels Anonymisierungsdiensten, vorausbezahlten Mobilfunkkarten oder mit dem Gang zur Telefonzelle dem Fahndungsnetz entkommen können. Der Bundestag hat mit den Stimmen der Großen Koalition vergangene Woche trotzdem einem schwarz-roten Antrag zugestimmt, der die Vorratsdatenspeicherung als prinzipiell mit der Verfassung [im Einklang sieht](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Grosse-Koalition-sieht-Vorratsdatenspeicherung-im-Einklang-mit-der-Verfassung-170059.html). Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, die Direktive “mit Augenmaß” umzusetzen und es bei einer sechsmonatigen Speicherdauer zu belassen. Allerdings sollen Sicherheitsbehörden über die Vorgaben aus Brüssel hinaus nicht nur bei “schweren Straftaten”, sondern auch bei allen “mittels Telekommunikation begangener” Delikte[in den Datenbergen schürfen dürfen](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundestag-befuerwortet-verdachtsunabhaengige-ueberwachung-der-Telekommunikation-176671.html).

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries begrüßte nach dem Treffen den Beschluss. Für sie ist die Richtlinie “ein gutes Beispiel für einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Freiheitsrechten der Bürger und dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung”. Bei der Aufklärung “erheblicher Straftaten” sei es für die Sicherheitsbehörden außerordentlich wichtig auf Daten zugreifen zu können. Deutschland habe in intensiven Verhandlungen durchgesetzt, dass die Speicherpflicht im Interesse der Bürgerechte auf ein Mindestmaß beschränkt werde. Über die beständige Kritik von Datenschützern an der Überwachungsmaßnahme zeigte sich die SPD-Politikerin verwundert. Im direkten Gespräch habe etwa der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar seine vergangene Woche [noch einmal geäußerten Bedenken](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Proteste-gegen-Bundestagsbeschluss-zur-Vorratsdatenspeicherung-177019.html) zuletzt nicht mehr geäußert.

Kleines Trostpflaster für die Internetprovider: Zypries kündigte an, dass Deutschland von einer Option in Artikel 15 Absatz 3 der Direktive Gebrauch machen will. Danach können die Mitgliedsstaaten die Umsetzung der Richtlinie in den Bereichen Internet-Telefonie und E-Mail um zusätzliche 18 Monate über die normalen anderthalb Jahre der Implementierungsfrist hinaus aufschieben, mussten dies aber vor der Annahme des Gesetzes ausdrücklich erklären. Deutschland hatte bislang im Gegensatz zu Länder wie Großbritannien und Schweden zunächst noch keine entsprechende Verlautbarung abgegeben.

Für die Provider ist die Bewältigung der neuen Auflagen eine besondere Herausforderung, da die im Internet transportieren Datenmengen deutlich größer sind als im Telefonbereich. Während viele der gewünschten Telefon- und Mobilfunkdaten schon jetzt auch für Abrechnungszwecke gespeichert werden, löschen Zugangsanbieter die Informationen über einzelne Internetverbindungen gerade bei Flatrate-Nutzern bisher oft rasch wieder. Dazu kommt, dass die Richtlinie laut Providervertretungen speziell im Bereich E-Mail und Voice-over-IP überaus unklar formuliert ist und in ihrer jetzigen Form nicht als umsetzbar gilt. Viele technische und organisatorische Fragen seien noch ungeklärt, heißt es bei den Anbietern, sodass die nationale Gesetzgebung vor großen Problemen stehen und sicherlich mehr Zeit als die vorgesehenen 18 Monate dafür benötigen werde.

Dies wurde mit der Begründung zur Terrorismusbekämpfung durchgebracht, jedoch entschied das Bundesverfassungsgericht, das diese Vorratsdatenspeicherung nicht komplett mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, und verschärfte die Bestimmungen, um eine VDS durchzuführen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die anlasslose Protokollierung elektronischer Nutzerspuren und ihre Speicherung für mindestens sechs Monate gemäß den [EU-Vorgaben](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Rat-nickt-Richtlinie-zur-Vorratsdatenspeicherung-ab-177825.html) in seinem [Grundsatzurteil](http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20100302_1bvr025%20608.html) zur Vorratsdatenspeicherung (Az: 1 BvR 256/08) nicht für schlechthin unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Allerdings sind für die Karlsruher Richter enge Auflagen für die praktische Ausgestaltung unbedingt erforderlich; sie machen dem Gesetzgeber in ihrer umfassenden Entscheidung dafür sehr konkrete Vorschläge. Möglicherweise werden Datenschützer und Bürgerrechtler über die Entscheidung aber auch nicht rundum glücklich sein: Die Ausführungen des Gerichts lesen sich teilweise wie eine detaillierte Anleitung an den Gesetzgeber zur Regelung einer neuen Vorratsdatenspeicherung, die auch das Bundesverfassungsgericht mittragen würde.

Der Erste Senat blieb bei seiner Linie, die er etwa mit den Beschlüssen zu [heimlichen Online-Durchsuchungen](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Karlsruhe-laesst-kaum-Raum-fuer-heimliche-Online-Durchsuchungen-184154.html) oder zum [großen Lauschangriff](http://www.heise.de/ct/artikel/Lauschangriff-vermasselt-Teilsieg-fuer-die-Buergerrechte-302084.html) aufgestellt hat: Auch tief in die Grundrechte eingreifende Maßnahmen hält er für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in einzelnen, konkreten Fällen für anwendbar, solange sie gut begründet und eng begrenzt sind. So stellte der aus dem Amt scheidende Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier am heutigen Dienstag in der Urteilsverkündung klar, dass eine Vorratsdatenspeicherung rechtmäßig sei, “wenn die gesetzliche Ausgestaltung dem besonderen Gewicht einer solchen Speicherung Rechnung trägt”.

Die “Streubreite” der verdachtsunabhängigen Erfassung von Verbindungs- und Standortdaten sowie deren “weite Aussagekraft” macht laut Papier den Eingriff besonders schwer. Im Gegenzug müssten bei der Umsetzung glasklare Normen etwa hinsichtlich der Datensicherheit, der Transparenz oder des Rechtsschutzes aufgestellt werden. Es dürfe vor allem im ersten Schritt kein “offener Datenpool” angelegt werden, auf den Strafverfolger und Geheimdienste relativ frei zugreifen könnten.

Genau dies hat der Gesetzgeber dem Gerichtspräsidenten zufolge aber mit der[Neuregelung](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesrat-segnet-Vorratsdatenspeicherung-ab-201027.html) der Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung getan. Er sei somit seinen Pflichten nicht nachgekommen, “klare Anforderungen festzulegen”. Vielmehr sei die Datenverwendung generell bei Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie sogar bei “mittels Telekommunikation begangener” Delikte zugelassen worden. Insofern seien die gesetzlichen Vorgaben als vollständig “nichtig” [zu deklarieren](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Karlsruhe-kippt-Vorratsdatenspeicherung-2-Update-943695.html) und die bereits von den Telekommunikationsunternehmen aufbewahrten Daten “unverzüglich zu löschen”.

Für eine mögliche künftige Vorratsdatenspeicherung hielt Papier einen “besonders hohen Standard der Datensicherheit geboten”. Das Grundgesetz treffe dazu zwar keine detailgenauen Aussagen. Der Gesetzgeber habe sich aber an den Erkenntnissen der aktuellen technischen Diskussion zu orientieren. Datenbestände müssten getrennt und verschlüsselt und Zugriffe protokolliert werden. Außerdem müsse der Datenschutzbeauftragte einbezogen und ein “ausgeglichenes Sanktionssystem” für Zuwiderhandlungen geschaffen werden. Auf Bits und Bytes dürfe nur zur Ahndung von Straftaten, die überragend hohe Rechtsgüter bedrohen, oder zur Abwehr solcher Vergehen zugegriffen werden. Dabei müssten zumindest Anhaltspunkte für konkrete Gefahren vorliegen.

Ein “grundsätzliches Abrufverbot” stellte das Gericht für zumindest einen engen Kreis besonders persönlicher Daten auf, die auf Vertraulichkeit angewiesen seien. Papier nannte hier konkret Gespräche mit der anonymen Telefonberatung etablierter Hilfseinrichtungen. Insgesamt dürfe “die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden”. Ein “diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins”, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen könne, müsse vermieden werden. Gleichzeitig sei anzuerkennen, dass eine “Rekonstruktion gerade der Telekommunikationsverbindungen” für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung sei.

Weniger strenge Auflagen knüpfte Karlsruhe daher etwa an die Nutzung von IP-Adressen in Form von behördlichen Auskunftsansprüchen gegenüber Diensteanbietern. Hier sei zum einen bedeutend, dass dabei die zuständigen Ämter die vorsorglich zu speichernden Daten nicht kennen. Vielmehr gehe es nur um “personenbezogene Auskünfte” über den Inhaber eines bestimmten Anschlusses, der von Providern unter Rückgriff auf diese Daten ermittelt worden sei. Systematische Ausforschungen über einen längeren Zeitraum oder das Erstellen von Persönlichkeits- und Bewegungsprofilen ließen sich allein auf Grundlage solcher Auskünfte nicht verwirklichen. Maßgeblich sei zum anderen, dass für solche Auskünfte nur ein von vornherein feststehender kleiner Ausschnitt der Daten verwendet werde.

Allerdings hat dem Richterspruch nach auch die Begründung von behördlichen Auskunftsansprüchen zur Identifizierung von IP-Adressen “erhebliches Gewicht”. Mit ihr wirke der Gesetzgeber auf die Kommunikationsbedingungen im Internet ein und begrenze die Anonymität; es müsse sichergestellt werden, “dass eine Auskunft nicht ins Blaue hinein eingeholt wird”. Für solche Auskünfte sei kein Richtervorbehalt nötig, allerdings seien die Betreffenden von der Abfrage zu benachrichtigen. Die Anonymität im Internet dürfe nur aufgehoben werden, wenn zumindest eine Rechtsgutbeeinträchtigung vorliegt, der “ein hervorgehobenes Gewicht beigemessen wird”. Das könnten auch “im Einzelfall besonders gewichtige Ordnungswidrigkeiten” sein, die der Gesetzgeber ausdrücklich benennen müsse.

Den Richtern Wilhelm Schluckebier und Michael Eichberger, die auf Anraten der CDU 2006 ins Verfassungsgericht nachrückten, ging die Mehrheitsmeinung des Senats zu weit. Sie hielten in abweichenden Voten fest, dass die angegriffenen Regelungen im Grundsatz nicht unangemessen seien. Der Gesetzgeber habe sich in dem ihm in der Verfassung festgeschriebenen Gestaltungsrahmen gehalten. Straftaten effektiv aufzuklären und Gefahren wirksam abzuwehren seien nicht per se Bedrohungen für die Freiheit der Bürger. Die Senatsmehrheit schränke zugleich den Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nahezu vollständig ein, bei der Straftatenaufklärung und der Gefahrenabwehr zum Schutz der Menschen angemessene und zumutbare Regelungen zu treffen. (_Stefan Krempl_) / ([anw](mailto:anw@ct.de))

Daraufhin war die VDS mehr oder weniger für einige Jahre vom Tisch, bis der EU wieder einfiel, das Deutschland diese noch nicht umgesetzt hatte.

Im anhaltenden Streit um die Wiedereinführung Vorratsdatenspeicherung erhöht Brüssel den Druck auf Berlin. Die EU-Kommission drohe mit Konsequenzen, weil Deutschland die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung noch nicht umgesetzt habe, [berichtet](http://www.sueddeutsche.de/politik/eu-kommission-droht-mit-sanktionen-bruessel-will-deutschland-zur-vorratsdatenspeicherung-zwingen-1.1313765) die Süddeutsche Zeitung am Dienstag. Brüssel wolle der Bundesregierung nun eine Frist von vier Wochen setzen, “um einen vertragsgemäßen Zustand” herzustellen. Anderenfalls drohe die Kommission mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, der ein Zwangsgeld verhängen könnte.

Brüssel drängt darauf, dass die 2006 beschlossene [EU-Richtlinie zur](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Rat-nickt-Richtlinie-zur-Vorratsdatenspeicherung-ab-177825.html)Vorratsdatenspeicherung nun auch hierzulande in geltendes Recht umgesetzt wird. Das dafür 2007 [verabschiedete Gesetz](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesrat-segnet-Vorratsdatenspeicherung-ab-201027.html) zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung hatte das Bundesverfassungsgericht im März 2010 mit einem [Grundsatzurteil](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesverfassungsgericht-legt-Huerde-fuer-kuenftige-Vorratsdatenspeicherung-hoch-944021.html) kassiert. Seither wartet die Kommission auf eine Neuregelung, im Sommer 2011 leitete sie ein [Vertragsverletzungsverfahren](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-leitet-Vertragsverletzungsverfahren-wegen-fehlender-Vorratsdatenspeicherung-ein-1265266.html) gegen Deutschland ein. Eine erste Frist hatte Berlin im Dezember vergangenen Jahre[verstreichen lassen](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsdaten-EU-Frist-laeuft-aus-Konflikt-bleibt-1401501.html) – auch damals hatte Brüssel mit dem EuGH gedroht.

Um die Neuregelung gibt es in Deutschland [heftigen Streit](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsdatenspeicherung-Liberale-weisen-infame-Vorwuerfe-der-Union-zurueck-1469570.html). Die Koalition hat sich bisher nicht auf eine gemeinsame Linie einigen können. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stemmt sich gegen eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung und hat stattdessen einen [Gesetzesvorschlag](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Zoff-um-Vorratsdatenspeicherung-1259179.html) nach dem “Quick Freeze”-Modell in die Diskussion eingebracht. Dabei werden die Daten auf Providerseite nur im konkreten Bedarfsfall eingefroren und den Behörden zur Verfügung gestellt. Ermittlungsbehörden und Unionsvertreter fordern dagegen, die Daten grundsätzlich sechs Monate auf Vorrat zu speichern.

Für Leutheusser-Schnarrenberger ist die EU-Richtlinie ohnehin gescheitert. Die Justizministerin sieht keine Eile, weil die Kommission selbst eine [Überarbeitung](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Kommission-will-Vorgaben-zur-Vorratsdatenspeicherung-grundlegend-ueberarbeiten-1228853.html) der Richtlinie angekündigt hatte. Brüssel hatte einräumen müssen, dass bei einer Evaluation der Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedsstaaten “[gravierende Mängel](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Kommission-verteidigt-Festhalten-an-der-Vorratsdatenspeicherung-1229530.html)” zu Tage getreten seien. ([vbr](mailto:vbr@ct.de))

Und daraufhin gleich noch ein Ultimatum hinterher schon, ansonsten gibt es große Geldstrafen.

Die [EU-Kommission](http://ec.europa.eu/) hat Deutschland [wie erwartet](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bericht-Bruessel-setzt-neue-Frist-fuer-Vorratsdatenspeicherung-1476363.html) eine letzte Frist von vier Wochen eingeräumt, um für die Umsetzung der 2006 beschlossenen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zu sorgen. Das Mahnschreiben sei nach Berlin geschickt worden, bestätigte ein Sprecher der für Inneres zuständigen Kommissarin Cecilia Malmström laut dpa am Donnerstag in Brüssel.

Sollte Berlin dem Ultimatum nicht nachkommen, droht Brüssel mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und Strafgeldern. “Weitere Verzögerungen in der Umsetzung behindern den Binnenmarkt in der Telekombranche und die Möglichkeiten von Polizei und Justiz”, heißt es in einer [Mitteilung](http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/10542_de.htm) der Kommission.

Die Kommission hatte die Umsetzung bereits im vergangenen Jahr mehrfach[angemahnt](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsdaten-EU-Frist-laeuft-aus-Konflikt-bleibt-1401501.html). Die im Dezember eingegangene Antwort der Bundesregierung auf ein Mahnschreiben vom Oktober sei “nicht zufriedenstellend” gewesen, hieß es weiter. Die hierzulande diskutierte “Quick Freeze”-Lösung, bei der die Daten nur bei konkretem Anlass gespeichert und herausgegeben werden sollen, erfüllt nach Ansicht der Kommission nicht die Anforderungen der Richtlinie.

Auch in der Regierungskoalition von Union und Liberalen ist der von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bevorzugte “Quick Freeze”-Ansatz [weiter umstritten](http://www.heise.de/newsticker/meldung/CDU-CSU-und-FDP-weiter-uneins-ueber-Vorratsdatenspeicherung-1477671.html). Inzwischen soll Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Druck erhöht haben und bei Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und der Justizministerin auf eine schnelle Lösung drängen. Die Liberalen wollen aber an “Quick Freeze” festhalten. Zudem sieht Leutheusser-Schnarrenberger keinen Grund zur Eile, weil die Kommission selbst eine [Überarbeitung der Richtlinie](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Kommission-will-Vorgaben-zur-Vorratsdatenspeicherung-grundlegend-ueberarbeiten-1228853.html) angekündigt hatte.

Die bereits 2006 beschlossene [Richtlinie](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Rat-nickt-Richtlinie-zur-Vorratsdatenspeicherung-ab-177825.html) sieht vor, dass alle EU-Mitgliedsstaaten Telekommunikationsdaten mindestens sechs Monate lang speichern. Das dafür 2007 in Deutschland [verabschiedete Gesetz](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesrat-segnet-Vorratsdatenspeicherung-ab-201027.html) zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung hatte das Bundesverfassungsgericht im März 2010 mit einem [Grundsatzurteil](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesverfassungsgericht-legt-Huerde-fuer-kuenftige-Vorratsdatenspeicherung-hoch-944021.html) kassiert. Seither wartet die Kommission auf eine Neuregelung, im Sommer 2011 leitete sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein.

Unterdessen hat das schwedische Parlament am Mittwoch nach langer öffentlicher Debatte beschlossen, die Richtlinie umzusetzen. Die Schweden hatten lange mit der Umsetzung gezögert und sich damit Ärger mit Brüssel eingehandelt. Der Europäische Gerichtshof hatte Schweden Anfang 2010 auf Klage der Kommission wegen Vertragsverletzung [verurteilt](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schweden-widersetzt-sich-der-Vorratsdatenspeicherung-923756.html). ([vbr](mailto:vbr@ct.de))

Nun will die deutsche Regierung nicht schlapp machen und kontert mit der Nachfrage, warum denn die EU nicht an der Überarbeitung der VDS arbeite, und stattdessen ein veraltetes System aufrücke.

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sieht im [Streit](http://www.heise.de/newsticker/meldung/CDU-CSU-und-FDP-weiter-uneins-ueber-Vorratsdatenspeicherung-1477671.html) um die anlasslose Protokollierung von Nutzerspuren die Europäische Kommission in der Pflicht, rasch Vorschläge zur Reform der heftig umstrittenen [Richtlinie](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Rat-nickt-Richtlinie-zur-Vorratsdatenspeicherung-ab-177825.html) zur Vorratsdatenspeicherung zu unterbreiten. Die [überfällige Änderung](http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Kommission-will-Vorgaben-zur-Vorratsdatenspeicherung-grundlegend-ueberarbeiten-1228853.html) der EU-Vorgaben dürfe nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben werden, sagte die FDP-Politikerin der _Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung_. Während die Kommission mit “Brachialgewalt die Umsetzung eines Auslaufmodells” fordere, komme sie mit der angekündigten Überarbeitung der Direktive “keinen Schritt voran”. Dies sei erklärungsbedürftig.

Die EU-Kommission hatte Deutschland am vergangenen Donnerstag eine Frist von vier Wochen [gesetzt](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bruessel-stellt-Berlin-Ultimatum-bei-der-Vorratsdatenspeicherung-1478520.html), um einen mit dem EU-Recht vereinbaren Gesetzesvorschlag zur Vorratsdatenspeicherung vorzulegen. Unterstützung erhielt die Ministerin in ihrem Kurs aus der Opposition. Die bisherige Linie Brüssels sei “alles andere als überzeugend”, erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz. Zum jetzigen Zeitpunkt gerichtlich gegen die Bundesrepublik vorgehen zu wollen, sei angesichts der erwarteten grundlegenden Novelle der einschlägigen Richtlinie “Symbolpolitik mit der Brechstange”.

Die Kommission wäre laut von Notz stattdessen gut beraten, “zunächst die eigenen Hausaufgaben zu erledigen”. Der Nachweis der Notwendigkeit beziehungsweise Nützlichkeit der verdachtsunabhängigen Aufbewahrung von Telekommunikationsdaten und eine Vereinbarkeit dieser mit EU-Grundrechten stehe bis heute aus.

Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat derweil die [Behauptung](http://www.heise.de/newsticker/meldung/CDU-FDP-Streit-ueber-Vorratsdatenspeicherung-geht-weiter-1479369.html)des Innenexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl,[zurückgewiesen](http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/562/55/lang,de/), wonach die Ermittlung des Todesschützen von Toulouse nur dank der französischen Regeln zur einjährigen Vorhaltung von IP-Adressen durch die Provider möglich gewesen sei.

Laut der Darstellung Breyers habe sich die französische Justiz erst zum Zugriff auf die Wohnung des Täters entschlossen, nachdem ein Motorradhändler angegeben habe, dass sich Merah bei ihm nach Möglichkeiten zum Entfernen eines Ortungschips erkundigt hatte. Da der Schütze seit Jahren Kunde des Geschäftsmanns gewesen sei, habe dieser aus seiner Kundendatei den Namen des Beschuldigten heraussuchen und der Polizei übergeben können.

Der Jurist der Bürgerrechtsvereinigung riet der Bundesregierung, kühlen Kopf zu bewahren, eine Befreiung von der Umsetzungspflicht zu beantragen und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die [Vereinbarkeit](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsdatenspeicherung-vs-Grundrechte-1424117.html) der Richtlinie mit den Grundrechten abzuwarten.

Rätselraten herrscht weiter darüber, warum die Mahnung der EU-Kommission ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt erfolgte: Von Seiten der FDP gab es bereits Spekulationen, dass Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich als Befürworter der Vorratsdatenspeicherung das Brüsseler Ultimatum quasi selbst bestellt habe. Auf netzpolitik.org tauchte nun ein [Schreiben](http://netzpolitik.org/wp-upload/schreiben_friedrich_eu-kommission.pdf) (PDF-Datei) des CSU-Politikers an die federführende EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström vom 28. Februar auf. Friedrich beklagt darin, dass aufgrund eines [Grundsatzurteils](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesverfassungsgericht-legt-Huerde-fuer-kuenftige-Vorratsdatenspeicherung-hoch-944021.html) des Bundesverfassungsgerichtes “keine statistisch belastbaren Erfahrungen zu den Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung” vorlägen. Parallel lieferte er eine[Statistik](http://www.heise.de/newsticker/meldung/BKA-Chef-haelt-an-Notwendigkeit-der-Vorratsdatenspeicherung-fest-1423859.html) des Bundeskriminalamts (BKA) mit, wonach dieses auf rund 85 Prozent aller Anfragen nach Verbindungs- und Standortdaten keine Angaben von den Providern erhalten habe. Eine aktuelle [Studie](http://www.heise.de/newsticker/meldung/Studie-Vorratsdatenspeicherung-verbessert-die-Aufklaerungsquote-nicht-1423035.html) des Max-Planck-Instituts für Strafrecht geht dagegen nicht davon aus, dass das Kippen der Vorratsdatenspeicherung zu Schutzlücken führen würde.

Friedrich selbst hatte in einem [Interview](http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/03/22/dlf_20120322_0718_e1cc6126.mp3) (MP3-Datei) mit dem Deutschlandfunk vergangene Woche erklärt, dass sich die Kommission von niemandem drängen lasse, etwas zu unternehmen. Natürlich gebe es eine “heftige Korrespondenz” zwischen der Bundesregierung und Brüssel, und dort werde das Vorgehen Berlins genau beobachtet. Es stehe daher außer Frage, dass sich auch das Innenministerium trotz der Federführung des Justizressorts geäußert habe. Druck aus Brüssel entstehe durch das Drängen von Sicherheitsbehörden aller europäischen Länder. Diese wüssten, wie wichtig es sei, über IP-Adressen und Kontaktdaten Kriminellen auf die Spur zu kommen. (_Stefan Krempl_) / ([ssu](mailto:ssu@ct.de))

Ich bleibe gespannt, wie es weitergeht, und was man in den nächsten Tagen davon noch hören wird.

Ich habe zumindest keine Lust, das meine Verbindungsdaten 24/7 mitgeschnitten werden und mir unbekannte Personen darauf zugreifen können.

Auch finde ich es eine Frechheit, das Gesetze bzw. Ideen, welche man direkt im Land nicht umsetzen kann, da diese teilweise mit den Grundsätzen kollidieren, dann einfach über die EU durchdrücken kann.

WO bitte ist die ach so tolle Demokratie?

Wenn ich mehr davon erfahre, dann folgt hier ein update.

Gruß

gehaxelt

News

« Youtube - 1.000 Views geknackt Coding a Passwordgenerator in Python »